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Wir kuratieren jetzt den Handel bis zur Kutterkiste

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Modewörter die einen in Angst und Schrecken versetzen, oder man sich ungläubig fragt: „was habe ich jetzt wieder verpasst?“ Variety Seeking auch im perfekten Management der Handelsstrategie. Ich versuche also mal zu ergründen, was sich hinter Kuratierung verbirgt, und nutze dazu Best Practise Beispiele aus der Handelslandschaft. Aber erst einmal schaue ich mir die Definition bei Wikipedia an – vielleicht hilft das. 

 

Fiedler´s Fischmarkt hat die Definition nahezu perfektioniert. Fertige, anspruchsvolle und thematisch, sorgsam zusammengestellte Fischpräsente – wie besagte Kutterkiste. Hübsch aufgemacht in einem passenden Umfeld mit höchster Aufenthaltsqualität. Sortiment und Raum in perfekter Symbiose und einer abgeschlossenen Geschichte.

Zubereitung vor dem Kunden macht Lust auf Me(eh)r
Zubereitung vor dem Kunden macht Lust auf Me(eh)r

 

Händler avancieren somit zum Kurator Ihrer Sortimente. Doch halt – hatten wir das nicht schon früher so gemacht? Wir nannten das nur „handverlesenes Einkaufen“ für unsere Kunden. Big – oder besser little – Data aus dem Notizbuch quasi. Die Führung eines Unternehmens, ausschließlich über das Warenwirtschaftssystem, führt dabei nicht unbedingt zum besten Ergebnis. Die daraus resultierende Aschenputtelstrategie hat in der Vergangenheit, und wird in Zukunft mit Verantwortlich für den Mißerfolg sein.

Weder im Sortiment, geschweige denn in der Raumanmutung, werden die wahren Wünsche der Kunden erkannt und „die Geschichte zu Ende erzählt“.  Der Handel muss umdenken – allen voran die Möbelbranche, dicht gefolgt von den Baumärkten bis hin zu vielen kleinen inhaber geführten Einzelhändlern. Sie ruhen sich auf Ihren bisherigen Konzepten aus und scheuen den Schritt zur notwendigen Metamorphose. Aber es gibt hervorragende und empfehlendswerte Benchmarks, von denen man sich ein Stück abschneiden kann – und das von Klein bis Groß:

Nehmen wir als Beispiel Vivendi in Lippstadt. Einem 200m² großen Laden in dem ausgesuchte Dinge für Ihr Zuhause zusammen gestellt werden. Das dekorative Ambiente ist natürlich wichtig, aber auch körperliches Wohlbefinden und kulinarische Genüsse gehören dazu. Unter dem Motto: „nehmen Sie ein Vollbad für die Seele“ wird der Kunde eingeladen die verschiedenen Räume, wie Deele, Speisezimmer, Backstube, Paradies, Garten oder Küche zu besuchen. Die Inhaberin setzt dabei bewußt auf knapp 40 Prozent individuelle und handverlesene Sortimente in Kleinstmengen „denn das macht uns aus, und dafür besuchen uns unsere Kunden“. Der Erfolg gibt Frau Kallus recht.

 

Die Speisekammer im Vivendi Lippstadt lädt ein zum schnabulieren
Die Speisekammer im Vivendi Lippstadt lädt ein zum schnabulieren

 

In Bielefeld steht der neue Lösekann in der Niedernstraße 8 – 10. Nach dem aufwendigen Umbau der Fassade wurde Ende 2015 das Ladengeschäft auf knapp 500m² komplett umgebaut, um auch eine deutlich jüngere Zielgruppe anzusprechen. Eine gelungene Metamorphose zum 50-jährigen Jubiläum des Unternehmens. 

Aber mal von vorne – sprichwörtlich – rechts vom Eingangsbereich (DOB Casual) werde ich erst einmal eingeladen, kaufbaren Tee zu verköstigen. Ein Hingucker allemal und schmecken tut es auch. Der Weg in die Etagen wird durch eine sehr gelungene, energiegeladene Treppenlösung erleichtert. Neben dem Design trägt dazu die historische Abwicklung bei. Es beginnt mit den Anfängen des Unternehmens im Untergeschoss (DOB Business) und trägt den Kunden in die zweite Etage, mit Herren Business und Maßschneiderei. Um ein USP zu erhalten wurde neben dem avantgardistischen, kunstbehafteten Shopdesign auf Individualität gesetzt. Einzigartige und limitierte Zusatzsortimente sind der Puderzucker im Gesamtkonzept. Von Tee bis Hochprozentigem, über Wohnaccessoires bis hin zu den passenden Fashionaccessoires zu den Outfits – nichts ist dem Zufall überlassen und bereichtert gelungen das Kernsortiment. Die Requisiten in den einzelnen Etagen – vom Boden bis zur Decke wie Lampen, Sitzvarianten, etc. – wurden ebenso handverlesen ausgesucht und betonen den Charakter der einzelnen Etagen.

Hier trifft man sich gerne und schnabuliert an den verschiedenen Theken gerne mit den unterschiedlichsten Kunden. Eine Geschichte die zu Ende erzählt wurde.

Bei den Requisiten wurde auf Individualität, Avantgardismus und Cosiness gesetzt
Bei den Requisiten wurde auf Individualität, Avantgardismus und Cosiness gesetzt

Beleuchtung oder Treppenaufgang sind in den Fokus gesetzt worden
Beleuchtung oder Treppenaufgang sind in den Fokus gesetzt worden

Die ehemalige, weiße Fassade wurde kunstvoll saniert und sticht aus dem Einerlei des Straßenzuges hervor
Die ehemalige, weiße Fassade wurde kunstvoll saniert und sticht aus dem Einerlei des Straßenzuges hervor

 

Das-Rad in Dortmund ist ein Fachgeschäft für Schrauber und Fahrradliebhaber, mit einer hohen Affinität zur Kultur im Ruhrgebiet. Die vier Inhaber haben Ihr Geschäft, fast 30 Jahre lang mit kleinen Veränderungen, gegen alle Markttrends geführt. Doch Großflächendiskounter und der Onlinehandel zwangen Sie zunehmend in die Knie. Ihre Entscheidung fiel 2014, und die war ein Komplettrefraishment. Der ursprüngliche, zweigeteilte Laden auf 400 m² hatte das Ambiente einer Schrauberwerkstadt mit unmengen, unterschiedlichster Fahrräder. Es roch nach Öl und Arbeit – im positiven Sinne. Aber der heutige Kunde sucht inzwischen doch etwas anderes. Atmosphäre, Aufenthaltsqualität, „sich verstanden fühlen“ und ein hohes Maß an Orientierungsfreundlichkeit. Eine runde Geschichte die authentisch und glaubwürdig die Stärken des Unternehmens transportiert: Fachwissen, Schraubermentalität, Nähe zum Ruhrgebiet, höchste Qualität und eigenes Anspruchdenken. 

Schlussendlich ist dies umgesetzt worden. 200m² Verkaufsraum mit den reduzierten Zielgruppen Casual, E-Bike, Urban, Sport und der Konfigurationsplattform Addy. Sehr schöne, logische Anordnung mit Preiseinstieg (Casual), kaum anstrengend (E-Bike), etwas Kraft (Urban) und mit Sport  der Schweißtreiber. Eine Reduzierung der Fahrräder durch Schranksysteme hinter denen die restlichen Fahrräder versteckt wurden, und die thematisch, gelungene Zuordnung der notwendigen Accessoires im nicht technischen Bereich (Helme, Taschen, Handschuhe, etc.), schenken dem Kunden die notwendige Entschleunigung.

Antritt im verkauf mit Casual und der Kulturroute
Antritt im Verkauf mit Casual und der Kulturroute

2-das-rad-eingang
Die Beschilderung zieht sich durch den gesamten Verkaufsraum

Fahrräder in hochwertiger Frontalpräsentation
Fahrräder in hochwertiger Frontalpräsentation

Hinter den Wänden können die Fahrräder gelagert werden
Hinter den Wänden können die Fahrräder gelagert werden

 

Die Werkstadt wurde zur gläserne Werkstadt mit einer 15 Meter langen Tresenfläche. Um das zu ermöglichen, wurden fast alle Warenträger entfernt um eine Durchsicht in die ehemalige Werkstatt mit 6 Arbeitsplätzen zu ermöglichen. Alle technischen Accessoires wurden auf Präsentationswänden erläutert und sind mit innovativen Lösungen testbar. Nur die gängigsten Mitnahmeartikel sind für den Kunden in Freiwahl erhältlich. Großzügige Sitzmöglichkeiten laden zum Verweilen ein, und der Kunde kann nicht nur beim Arbeiten zusehen, sondern sich lebhaft über die Route Industriekultur – mit dem Fahrrad durch das Ruhrgebiet – unterhalten. Hier wurde bewußt eine sichtbare Kooperation mit Metropoleruhr eingegangen.

Reperaturannahme konfortabel und kompetent im eigenen CI
Reperaturannahme komfortabel mit Wohlfühlzone und kompetent im eigenen CI

Die Werkstadt - klare strukturen entlang der Theke
Die Werkstadt – klare strukturen entlang der Theke mit Sichtschneisen und Sitzmöglichkeiten im Schaufenster

Die Neueröffnung erfolgte im April diesen Jahres im Rahmen des E-Bikefestivals, und bescherte den Inahabern in den Folgemonaten die höchsten Umsätze in der Firmengeschichte. Zwei Welten und eine Geschichte.

 

Der Lebensmittelmarkt in Deutschland zeichnet sich durch seine schärfe im Preis- und Qualitätswettbewerb aus. Expansion ist nur noch in der Fläche möglich – sowohl qualitativ als auch quantitativ. Alle Anbieter verfolgen konsequent diese Outpacing-Strategie. Mit der gewonnen Rentabilität investieren Sie in Ihr Alleinstellungsmerkmal – und das ist vor allem der Leistungsfaktor Raum in befruchtender Symbiose mit dem Angebot. Flächengrößen variieren inzwischen, je nach Standort, von 100m² wie bspw. AVEC in  Gelsenkirchen, bis hin zu 11.500 m² in der neu positionierten Markthalle Krefeld Real.

AVEC versteht sich als 1-Stop-Glücksbringer in der Conviniencebranche mit einer großen Auswahl an frischen und hochwertigen Produkten "Ready to Eat"
AVEC versteht sich als 1-Stop-Glücksbringer in der Conviniencebranche mit einer großen Auswahl an frischen und hochwertigen Produkten „Ready to Eat“

Real hat mit der Markthalle in Krefeld im Foodbereich die Branche überrumpelt
Real hat mit der Markthalle in Krefeld im Foodbereich die Branche überrumpelt

Als abschließendes Beispiel möchte ich auf REWE Premium in den 5 Höfen München eingehen – geballte Frische in edlem Ambiente.

REWE schafft es mit seinen unterschiedlichen Konzepten und Adaptionen, die einzelnen Zielgruppen vortrefflich zu bedienen. An jedem Standort wird, in Raumgröße sowie -anmutung und Sortimentsvielfalt, ein perfektes Leistungsspektrum geboten. Wen wundert es da, dass in der Theatinerstraße  ein Ladengeschäft geschaffen wurde, das auf höchstem Niveau die Premiumklaviatur eines Feinkostfachgeschäftes bespielt.

Mit 50 Mitarbeitern wird der Fachgeschäftcharakter für die 1400m² bestätigt. Das ist auch notwendig für die Heißen Theken mit umfangreichen Angeboten für den schnellen Verzehr oder der hochwertigen Sushibar. Metzgerei- und Fischtheke, „Ready to Cook“ Angebote für die schnelle Zubereitung ausgesuchter Produkte besonderer Qualität oder das umfangreichen Frischesortiment, das auch vegane oder biologische Produkte beherbergt – kein Wunsch bleibt dem Gaumen- und Kochliebhaber unerfüllt. Die bis zu 15.000 Produkte liegen zwar über dem Flächendurchschnitt, fallen aber überhaupt nicht auf. Kleinstmengen und ausgesuchte Raritäten schmiegen sich unscheinbar in das perfekt inszenierte Gesamtangebot.

Das Interieurdesign und die athmosphärische Wahrnehmung vervollständigen das Gesamtbild. Auch hier greifen schwarz-grau Varianten das avantgardistische Farbspiel auf, und werden im Gastronomiebereich getopt durch die Farbe des Füllhorns und des Rausches „Gold“. Was soll ich noch sagen, auch wenn der Geldbeutel eng gehalten wird, der Schokoladenliebhaber wird spätestens an der Confiserietheke schwach, und der Fleischhungrige vergisst seine Vorsätze beim österreichischen Almo-Ochsen.

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Das Wein-, Champagner- und Spirituosenangebot sucht Ihresgleichen

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Die goldene Salatbar wartet mit über 100 verschiedenen und frisch zubereiteten Salaten auf

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Massives Granit ummantelt die Thekenflächen der Fisch- und Fleischabteilung

 

Daniel Schnödt Dezember 2016

 

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